Kunst der Wahrnehmung II: die äußere Welt wahrnehmen

Die Ebenen der Wahrnehmung – Wahrnehmung der äußeren Welt

Wir nehmen die Welt außerhalb unseres Körpers mit unseren fünf Sinnen wahr: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten. Wir begreifen, erkennen, erlauschen, schmecken und riechen unsere Umgebung. In jeder Sekunde prasseln unendlich viele Sinneseindrücke auf uns ein. Deshalb selektiert unser Gehirn, was aus dieser enormen Fülle von Wahrnehmungen in unser Bewusstsein dringt. Es schützt uns so vor Überforderung. Dadurch sind wir in der Lage, uns auf das zu fokussieren, was uns wesentlich erscheint. Wir können konzentriert einer Tätigkeit nachgehen, können ganz in einer Tätigkeit aufgehen.

Wie wahr sind Wahrnehmungen?

Meist gehen wir davon aus, dass das, was wir wahrnehmen, auch der Realität entspricht. Doch wenn wir immer nur einen Teil der Sinneseindrücke bewusst wahrnehmen, bedeutet das genau genommen, dass es neben der Wahrheit, die du gerade erlebst, auch noch andere Wahrheiten gibt. Dir das immer wieder bewusst zu machen, kann dir helfen, schwierige Situationen zu meistern.

Wahrnehmung, Stress und Trauma

Besonders in Stresssituationen blendet das Gehirn einen Großteil der Wahrnehmung aus. Je gestresster wir sind, umso mehr ist die Wahrnehmung eingeschränkt. Auch das dient unserem Schutz. Es soll uns in die Lage versetzen, alle Energie zur Lösung des Problems bzw. zur Bewältigung der Situation zu bündeln. So sinnvoll das ist, führt es doch auch dazu, dass wir in der Sicht auf die Situation begrenzt sind. Typischerweise geschieht genau das, wenn wir in der Erinnerung an eine traumatische Erfahrung gefangen sind: Die Welt erscheint grau, wir hören, fühlen, schmecken, riechen kaum noch etwas.

Dann ist es hilfreich, die Aufmerksamkeit bewusst auf die Umgebung zu richten und das wahrzunehmen, was „auch da ist“. Das kann sehr befreiend sein.

Eine Übung

Das Leben kann also bunter und leichter werden, wenn du dich darin übst, deine Wahrnehmungsfähigkeit zu verfeinern. Wie bei allem Üben gilt: Je öfter und bewusster du es tust, desto müheloser und schneller gelingt es dir. Und dann steht dir diese Fähigkeit auch in stressigen Momenten zur Verfügung.

Nimm dir, möglichst täglich, 5 Minuten Zeit, deine Sinne zu schärfen. Konzentriere dich auf das, was du um dich herum sehen kannst. Ist es nicht erstaunlich, wie viel das ist? Wenn dein Blick auf etwas fällt, das dich besonders anzieht, bleib dabei! Schau es dir ganz genau an. Erlaube dir, zu staunen. Nimm alles in dich auf, was ein Wohlgefühl hervorruft.

An einem anderen Tag magst du dich vielleicht auf das Hören konzentrieren. Schließe deine Augen und nimm die Geräusche wahr, die dich umgeben. Vielleicht erlebst du einige Geräusche als störend und eher unangenehm. Dann lausche weiter, entdecke die anderen Klänge, die auch da sind. Vielleicht ist es auch die Stille zwischen den Geräuschen, die dich erfreut.

Ähnlich kannst du auch mit den anderen Sinnen verfahren. Taste dich durch deine Welt. Wenn du dabei deine Augen schließt, fühlst du wahrscheinlich noch intensiver. Lade dich immer wieder zum Verweilen ein, damit du die feinen Unterschiede in der Beschaffenheit eines Gegenstandes erspüren kannst.

Nimm bewusst wahr, wie das, was du isst, schmeckt und riecht. Verändert sich der Geschmack, während du kaust? Ich liebe scharfe Gerichte, aber ich genieße es immer wieder mal, nur wenig zu würzen, um die einzelnen Zutaten besser herausschmecken zu können.

Nimm dir jeden Tag 5 Minuten für einen anderen Sinn. Und übe in den verschiedensten Umgebungen: zu Hause, in der Natur, in der U-Bahn. Dann wird es dir nicht langweilig und du sammelst viele neue Erfahrungen.

 

Das Titelfoto stammt von Pixabay-Nutzerin MonikaP.